Fotografisches Gedächtnis: Was ist das eigendlich?

Über den Tag verteilt nimmt jeder Mensch Millionen von Eindrücken war. Würden wir uns all diese Ereignisse und Gefühle im Gehirn merken, würden wir wohl einen deutlich größeren Kopf benötigen. Um die Kapazität besonders effizient zu gestalten, hat der Körper ein System entwickelt, in dem lediglich das Kurzzeitgedächtnis aktiviert wird. Ausschließlich einschneidende Erlebnisse oder lange gelernte Inhalte werden im Langzeitgedächtnis gespeichert. Hin un wieder gibt es aber auch Menschen, die ein so genanntes fotografisches Gedächtnis besitzen. Die auch als eidetisches Gedächtnis bezeichnete Eigenschaft bezeichnet die Fähigkeit, sich Szenen oder Bilder bis in kleinste Details merken zu können. Dinge, die der normale Mensch schon längst wieder vergessen hätte, bleiben bei den Betroffenen lange Zeit abgespeichert. Doch was ist diese Variante des Gedächtnis überhaupt? Genau diese Frage wird in den beiden folgenden Abschnitten detailliert geklärt.

Die genaue Definition dieser Art des Gedächtnisses
In der Psychologie bezeichnet man dieses Gedächtnis auch als ikonisch oder gar eidetisch. Diese Begriffe stehen für die kurzzeitige Abspeicherung von visuellen Inhalten im Bereich des sensorischen Gedächtnis. Das Besondere hierbei ist es, dass das Gehirn hierfür nur eine Zeitspanne von mehreren Hundert Millisekunden benötigt. Von Fall zu Fall variieren diese Fähigkeiten, weshalb es durchaus auch Menschen gibt, die in der Lage sind, sich solche Informationen auch über einen längeren Zeitraum hinweg zu merken. Wissenschaftler streiten sich jedoch seit jeher darum, in welchem Grad die besagten Inhalte als fotoähnliche Abbildung im Gedächtnis der Betroffenen abgespeichert werden. Wie breit angelegte Studien gezeigt haben, verfügen gut fünf bis zu zehn Prozent aller Kleinkinder über eine gewisse Art des eidetischen Gedächtnisses und können sich somit visuelle Informationen besonders gut einprägen.

Häufige Verknüpfung mit der Autismus-Erkrankung
Wer sich mit dem Themenkomplex des fotografischen Gedächtnisses befasst, wird früher oder später auch auf die Autismus Erkrankung stoßen. Viele führende Forscher sind sich einig, dass es sich hierbei schlicht und ergreifend nicht um einen Zufall handeln kann, dass gerade diese Personen über eine ausgeprägte Gabe dieser Art verfügen. Auch diese Meinung ist jedoch umstritten, da die Gegner dieser Annahme behaupten, dass durch das Abkapseln aus der realen Welt die anderen Fähigkeiten des menschlichen Körpers einfach mehr ausgeprägt sind.

Fotografisches Gedächtnis in der Gedächtnisspsychologie

Wer kennt es nicht: beim beliebten Memory-Spiel mit der ganzen Familie wird vom Gewinner häufig behauptet, er würde ein fotografisches Gedächtnis haben. Ja, heißt es dann, der kann sich das genau merken, wo welches Bild schon mal aufgedeckt wurde. Zudem ist häufig bei Kindern die Fähigkeit, ein Bild detailgetreu im Gedächtnis zu behalten, vorhanden und geht mit der Zeit verloren. Aber diese umgangssprachliche Verwendung des Begriffs fotografisches Gedächtnis entbehrt aus der Sicht der Wissenschaft jeglicher Grundlage.

Der Wissenschaftler spricht im Rahmen der Gedächtnispsychologie über ein fotografisches Gedächtnis. In diesem Zusammenhang wiederum werden zwei Fremdworte fallen. Ikonisches Gedächtnis und eidetisches Gedächtnis. Nun, das fotografische Gedächtnis wird definiert als die sensorische Fähigkeit, sich nicht nur sämtliche Details eines Fotos präzise zu erinnern, sondern sogar eine Situation genauestens wiederzugeben, samt Gehörtem, Gespürtem, Düften und sämtlichen visuellen Details. Und diese Fähigkeit ist laut wissenschaftlicher Definition gekoppelt an die Kapazität, nach unbegrenzt langer Zeit ‘auf Knopfdruck’ dieses Erlebnis, exakt in Worten wieder geben zu können. Allerdings müssen, wenn es sich tatsächlich um ein echtes fotografisches Gedächtnis nach wissenschaftlicher Definition handelt, diese beiden Fähigkeiten der wirklichkeitsgetreuen Aufnahme und Wiedergabe der Situation getrennt sein von Bedeutungszuweisungen und Schlussfolgerungen. Auch muss die Wiedergabe zu jedem beliebigen Zeitpunkt, sowie wiederholt erfolgen können.

Ausschließlich diese Definition für fotografisches Gedächtnis wird mit dem Fachwort eidetisches Gedächtnis bezeichnet. Das ikonische Gedächtnis hingegen bezieht sich lediglich auf ein Kurzzeitgedächtnis in diesem Sinne, sprich ein kurzfristiges Abrufen und Wiedergeben Können der wahrgenommenen Situation, ohne sie mit persönlichen Gefühlen und Gedanken zu behaften.

Diese Fähigkeit steht übrigens im kompletten Gegensatz zum episodischen Gedächtnis, einem Bereich aus dem  Begriff Langzeitgedächtnis, in dem Situationen und innere Bilder aus der Vergangenheit ausdrücklich zusammen mit den eigenen Emotionen und Gedanken dazu abgespeichert sind und unwillkürlich hochkommen. Wir nehmen das Einsetzen des Langzeitgedächtnisses besonders bei alten Menschen wahr. Diese haben zwar häufig mit verstärkt auftretender Vergesslichkeit bezüglich Alltagskleinigkeiten zu kämpfen, fühlen sich jedoch an Leute, Dinge und Erlebnisse aus ihrer eigenen Kindheit erinnert.

Das eidetische Gedächtnis ist unterdessen ein fotografisches Gedächtnis-Konzept, das von einigen Wissenschaftlern angezweifelt wird. Besonders in der Abgrenzung zu sogenannten Mnemotechniken, den Methoden also, die das Gedächtnis trainieren.